Einstweilige Verfügungen nach der Exekutionsordnung (§§ 379, 381 EO)
- Einleitung
Mit der einstweiligen Verfügung soll bei einem Zivilgericht die Rechtsposition der sogenannten gefährdeten Partei – vorläufig und möglichst rasch – gesichert bzw. geschützt werden. Im Verfahren über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen sind vielfach exekutionsrechtliche Bestimmungen maßgeblich. Die Richtigkeit des Vorbringens ist zu bescheinigen. Das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nicht öffentlich und grundsätzlich einseitig. Das Gericht kann über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch ohne Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei entscheiden. Zur Überprüfung dieser vorläufigen Entscheidung ist ein nachfolgendes Verfahren, das sogenannte Hauptverfahren oder Rechtfertigungsverfahren, vorgesehen (vgl § 391 Abs 2 Exekutionsordnung). Wird der mittels einstweiliger Verfügung – provisorisch – gesicherte Anspruch im Hauptverfahren nicht bestätigt, ist die einstweilige Verfügung aufzuheben. Wurde der von der gefährdeten Partei behauptete Anspruch, für welchen die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, rechtskräftig aberkannt wird, wenn ihr Ansuchen sich sonst als ungerechtfertigt erweist, oder wenn sie die zur Erhebung der Klage oder Einleitung der Exekution bestimmte Frist versäumt, so hat die Partei, auf deren Antrag die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, ihrem Gegner für alle ihm durch die einstweilige Verfügung verursachten Vermögensnachteile Ersatz zu leisten (vgl § 394 EO). Im Übrigen greift die Kostenübertragungsregel nach der Zivilprozessordnung.
- Sicherungs- und Regelungsverfügungen nach der EO
Die einstweiligen Verfügungen können in Sicherungsverfügungen wegen Geldforderungen gem. § 379, in Sicherungsverfügungen gem. § 381 Z 1 und in Regelungsverfügungen nach § 381 Z 2 Exekutionsordnung eingeteilt werden. Einstweilige Verfügungen können vor oder während eines Gerichtsverfahrens anhängig gemacht werden. Für den Fall, dass eine Geldforderung zu sichern und tauglicher Exekutionstitel, also etwa ein Gerichtsurteil oder ein gerichtlicher Vergleicht, etc, bereits vorhanden ist, kann sofort Exekution zur Sicherstellung nach §§ 370 ff Exekutionsordnung (EO) geführt werden.
Die einstweilige Verfügung nach § 379 Abs 2 EO setzt die Existenz einer konkreten subjektiven Gefahr voraus, die die Vereitelung oder Erschwerung der Einbringlichmachung der Geldforderung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwarten lässt (vgl. § 379 Abs. 2 Z 1 EO) oder das Bestehen der konkreten – objektiven – Gefährdung den Exekutionstitel im Ausland vollstrecken zu müssen, wenn es sich um einen Staat handelt, in dem weder die europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung noch das Luganer Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen anwendbar ist.
Die Bescheinigung des Anspruches kann gemäß § 390 Abs 1 EO durch eine vom Gericht zu bestimmende Sicherheitsleistung ersetzt werden.
Die bei der Sicherung des Anspruchs zur Anwendung zu gelangenden Sicherungsmittel sind in § 379 Abs 3 EO abschließend aufgezählt, nämlich die Verwahrung und Verwaltung von beweglichen körperlichen Sachen des Gegners der gefährdeten Partei einschließlich der Hinterlegung von Geld; das Verbot der Veräußerung oder Verpfändung beweglicher körperlicher Sachen des Gegners der gefährdeten Partei; das gerichtliche Drittverbot, wenn der Gegner an eine dritte Person eine Geldforderung oder einen Anspruch auf Leistung oder Herausgabe von anderen Sachen zu stellen hat; Verwaltung von Liegenschaften des Gegners der gefährdeten Partei; Verbot der Veräußerung und Belastung von Liegenschaften oder bücherlichen Rechten des Gegners der gefährdeten Partei.
- Verfahrensrechtliches
Das Verfahren über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird von jenem Gericht durchgeführt, das im regulären Zivilverfahren oder im Exekutionsverfahren zuständig ist. Wird der Antrag außerhalb eines solchen Verfahrens eingebracht, dann ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel der Gegner der gefährdeten Partei den allgemeinen Gerichtsstand hat.
Soll eine einstweilige Verfügung im Ausland vollsteckt werden, etwa hinsichtlich eines ausländischen Grundstücks, sind die vorerwähnte Verfügungsverbote nach österr. Judikatur zwar grundsätzlich zulässig, der faktische Vollzug könnte jedoch am ordre public des Staates, in dem sich die Liegenschaft befindet, scheitern (vgl. Art. 31 EuGVVO, Art 24 LGVÜ).
Die bewilligte einstweilige Verfügung ist grundsätzlich mit Zustellung vollstreckbar, also auch noch vor Rechtskraft. Sie kann binnen 14 Tagen mit Rekurs angefochten werden. Rekursen kommt eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Im Übrigen für das Rechtsmittelverfahren die Regelungen der Zivilprozessordnung mit einigen Ausnahmen zur Anwendung.
Für den Fall, dass dem Gegner der gefährdeten Partei vor Erlassung der einstweiligen Verfügung keine Gelegenheit zur Äußerung geboten wurde, besteht das Recht, binnen 14 Tagen Widerspruch nach § 397 EO zu erheben. Diesem Widerspruch kommt eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Anders als im Rekursverfahren besteht im Widerspruchsverfahren kein Neuerungsverbot. Über den Widerspruch ist mündlich zu verhandeln.
Sofern der gefährdeten Partei vor Erlassung der einstweiligen Verfügung keine Gelegenheit zur Äußerung geboten wurde, besteht das Recht, binnen 14 Tagen Widerspruch nach § 397 EO zu erheben. Diesem Widerspruch kommt eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Anders als im Rekursverfahren besteht im Widerspruchsverfahren kein Neuerungsverbot. Über den Widerspruch ist mündlich zu verhandeln.
Einstweilige Verfügungen – außerhalb der Exekutionsordnung
Außerhalb der Exekutionsordnung stellen unterschiedliche Materiengesetze die Möglichkeit zur Verfügung, bei Gericht vorläufigen Rechtsschutz zu beantragen. Da diese – zahlreichen – „Sonderregelungen“ zu den exekutionsrechtlichen Bestimmungen über die einstweiligen Verfügungen markante Abweichung aufweisen, können hier nur einige dieser Sonderregeln überblicksartig aufgezählt werden:
- Einstweilige Vorkehrungen im Besitzstörungs- und Bauverbotsverfahren (vgl. §§ 458, 456 ZPO)
- Einstweilige Verfügungen und Schiedsverfahren
Je nachdem welche Regeln für die Durchführung eines Schiedsverfahrens zur Anwendung gelangen besteht die Möglichkeit beim Schiedsgericht die Anordnung „vorläufig sichernder Maßnahmen zu beantragen (vgl. etwa Artikel 33 Wiener Regeln / Internationales Schiedsgericht WKO) sowie, selbst bei Vorliegen einer Schiedsvereinbarung, gemäß § 585 ZPO zur raschen Gefahrenabwehr staatliche Gerichte anzurufen.
- In Wettbewerbsangelegenheiten, also Streitigkeiten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), haben sich einstweilige Verfügungen gem. § 24 UWG (aber auch gem. § 21 Abs. 2 UWG) als scharfes Schwert zur raschen Rechtsdurchsetzung erwiesen, vor allem in Kombination mit der sog. Unterlassungsexekution nach § 355 EO.
- Einstweiligen Verfügungen haben auch im Zusammenhang mit der Sicherung von Ansprüchen aus dem Urheber-, Patent- und Markenrecht Bedeutung erlangt. Bei der Verfolgung von Ansprüchen aus den drei vorgenannten Rechtsgebieten bestehen mitunter Überschneidungen zum Wettbewerbsrecht.
- Zur Abberufung eines GmbH Geschäftsführers kann das Institut der einstweiligen Verfügung auch unter Berücksichtigung des § 16 Abs 2 GmbHG (§ 381 Z 2 EO) herangezogen werden.
© Gerald David, Juni 2017
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