Bankrecht
Bürgschaftserklärungen sind restriktiv auszulegen; hat sich der Bürge nicht damit einverstanden erklärt, dass von Gläubiger und Hauptschuldner vorgenommene Änderungen der gesicherten Schuld auch ihm gegenüber wirksam werden, so kann Derartiges nicht unterstellt werden
OGH 01.10.2008, 6 Ob 131/08w: Nach Lehre und Rechtsprechung kommt eine Verpflichtung des Bürgen nur im Rahmen seiner Verpflichtungserklärung in Betracht. Nach § 1353 ABGB darf seine Haftung nicht weiter ausgedehnt werden, als er sich “ausdrücklich” – gemeint hinreichend deutlich erkennbar – erklärt hat.
Die Erklärung des Bürgen ist daher streng auszulegen und im Zweifel anzunehmen, dass er sich eher eine geringere als die schwerere Last auferlegen wollte. Entscheidend ist das Verständnis, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der Verpflichtungserklärung gewinnen durfte.
Dem Grundsatz der Akzessiorietät der Bürgschaft folgend können Änderungen der Hauptschuld aufgrund von Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Hauptschuldner die Haftung des Bürgen wohl mindern oder erleichtern, nach § 1353 ABGB aber nicht erschweren oder erweitern.
Bei Beschränkungen der Haftung des Bürgen auf einen Teil der Hauptschuld (Teilbürgschaft) haftet der Bürge im Zweifel für die ganze Schuld bis zur Grenze des verbürgten Betrags einschließlich der Nebengebühren. Der Gläubiger kann Teilzahlungen des Hauptschuldners -mangels anderslautender Vereinbarung – zuerst auf den unbesicherten Teil der Hauptschuld anrechnen. Eine als Höchstbetragsbürgschaft vereinbarte Teilbürgschaft bleibt daher – mangels anderslautender Vereinbarung – bis zur gänzlichen Abstattung der Hauptschuld aufrecht
Die Schriftform der Bürgschaft nach § 1346 Abs 2 ABGB wurde zum Zweck der Vermeidung schwerer Folgen unüberlegter, leichtfertiger Gutstehungserklärungen eingeführt.
OGH 14.01.2010, 6 Ob 114/09x: Die Schriftform der Bürgschaft nach § 1346 Abs 2 ABGB wurde zum Zweck der Vermeidung schwerer Folgen unüberlegter, leichtfertiger Gutstehungserklärungen eingeführt. Sie soll den Bürgen vor dem übernommenen Risiko warnen, die Bedeutung seiner Verpflichtung zum Bewusstsein bringen und die Ernstlichkeit seines Verpflichtungswillens außer Zweifel stellen. Die Schriftlichkeit der Bürgschaft ist Gültigkeitsvoraussetzung. Eine formmangelhafte Bürgschaft kann zwar wirksam erfüllt, ihre Erfüllung aber nicht erzwungen werden
Eine schriftliche Bürgschaftserklärung muss nicht den vollen Inhalt der Bürgschaftshaftung angeben, es reicht das Hervorgehen der wesentlichen Merkmale der Bürgschaftsverpflichtung.
Gerade das zentrale Merkmal der Bürgschaftsverpflichtung ist aber der rechtsgeschäftliche Wille, persönlich für eine fremde Schuld einzustehen. Hierin unterscheidet sich die Bürgschaft etwa von einer bloßen Verwendungszusage oder einer Absichtserklärung, den Schuldner bei der Erfüllung seiner Verpflichtung aus eigenen Mitteln zu unterstützen (wie sie von der Zweitbeklagten im vorliegenden Verfahren behauptet wurde). Der Verpflichtungswille, für eine fremde Schuld einzustehen, muss in der schriftlichen Bürgschaftserklärung jedenfalls zum Ausdruck kommen.
Es entspricht stRsp des OGH, dass bei undeutlichen Verpflichtungserklärungen im Zweifel (nur) Bürgschaft und nicht Schuldbeitritt anzunehmen ist. Letzterer liegt zumindest in der Regel nur dann vor, wenn ein unmittelbares rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Erfüllung der Verbindlichkeit des ersten Schuldners besteht. Die Übernahme einer Verpflichtung, um Verwandten (hier: einem Freund) zu helfen, wie überhaupt ein persönliches, ideelles oder moralisches Interesse, wird als für die Annahme eines Schuldbeitritts und somit eines eigenen wirtschaftlichen Interesses regelmäßig nicht als ausreichend angesehen.
Verstoß gegen das Bankgeheimnis bei Forderungsabtretung
OGH 26.11.2012, 9 Ob 34/12h: Verstoß gegen das Bankgeheimnis, wenn ein Kreditinstitut ohne Zustimmung des Kunden eine nicht titulierte Kreditforderung an einen nicht dem Bankgeheimnis unterliegenden Zessionar abtritt. In einem solchen Fall ist die Abtretung unwirksam, wenn keine weiteren schützenswerten Interessen des Kreditinstituts erkennbar sind.
Eine Ärztin hatte 1993 gemeinsam mit ihrer in Tschechien lebenden Schwester und deren Ehemann bei einem österreichischen Kreditinstitut einen Kredit aufgenommen, mit dem die Schwester und ihr Ehemann einen Hausbau in Prag finanzieren wollten. Als es unter ihnen zu Streitigkeiten über die Kreditrückzahlung kam und die Ärztin keine Kreditraten mehr zurückzahlte, stellte das Kreditinstitut den Kredit gegenüber der Ärztin fällig und informierte davon die beiden anderen Kreditnehmer. Über Vorschlag der Ärztin verkaufte das Kreditinstitut die Kreditforderung an eine tschechische GmbH, ohne mit den anderen Kreditnehmern Rücksprache zu halten.
Die GmbH klagte von allen drei Kreditnehmern den offenen Saldo ein. Diese wandten ua ein, dass das Kreditinstitut durch die Offenlegung der Personaldaten und der Daten des Kreditvertrages gegenüber der GmbH das Bankgeheimnis verletzt habe. Die Forderungsabtretung sei daher nichtig.
Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass zu den bankgeheimnisrelevanten Tatsachen auch der Name und die Kontaktdaten des Kreditnehmers, die Kreditaufnahme, die Höhe des Kreditvolumens und die mit der Rückzahlung verbundenen Umstände zählen. Für die Frage, ob die Offenlegung solcher Daten eine Verletzung des Bankgeheimnisses bedeutet, wog der OGH ab:
Zwar gebe es grundsätzlich ein gesetzlich anerkanntes Interesse an der Abtretbarkeit insbesondere auch von Kreditforderungen. Andererseits komme auch dem Bankgeheimnis ein besonderer Stellenwert zu, weil seine Änderung einer Verfassungsbestimmung bedürfe und seine Verletzung strafbar sei. Zu berücksichtigen sei auch, ob sich der Kreditnehmer vertragswidrig verhalten (Zahlungsverzug) und der Kreditgeber die Forderung bereits erfolgreich eingeklagt habe. Könne eine Kreditklage aber noch abgewehrt werden, würde die mit der Rechtsdurchsetzung begründete Rechtfertigung für die Offenbarung der Kreditdaten an den Dritten wegfallen, ohne dass die Geheimnisverletzung rückgängig zu machen sei. In einem solchen Fall sei die Abtretung unwirksam, wenn keine weiteren schützenswerten Interessen des Kreditinstituts erkennbar seien. Ob eine Abtretung „banküblich“ sei, sei dagegen nicht entscheidend, weil sich die Praxis insofern verändern könne. Ob es eine Rolle spiele, wenn der Forderungserwerber selbst dem Bankgeheimnis unterliege, wurde offen gelassen, weil die GmbH jedenfalls nicht an das Bankgeheimnis gebunden war. Hinsichtlich der beiden in Tschechien wohnhaften Kreditnehmer war die Forderungsabtretung daher unwirksam.
Aufklärungspflicht des Kreditgebers gegenüber Interzedenten
OGH 24.04.2012 2 Ob 169/11h: Den Gläubiger, der bis zum Zeitpunkt der Interzession erkennt oder erkennen muss, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht (vollständig) erfüllen wird, trifft eine Informationspflicht. Der Kreditgeber ist allerdings dann nicht zur Aufklärung verpflichtet, wenn der Interzedent derart konkret und vollständig informiert ist, dass er nicht mehr gewarnt werden muss.