UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb)
Der Unternehmerbegriff und das Handeln im geschäftlichen Verkehr – UWG
OGH 30.05.2017, 4 Ob 267/16t: Der Betrieb einer gemeinwirtschaftlichen Buslinie zum Nulltarif ist keine marktbezogene wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt daher keiner lauterkeitsrechtlichen Verhaltenskontrolle.
Übt die öffentliche Hand eine wirtschaftliche Tätigkeit aus, ist sie insoweit unternehmerisch tätig und ihr Verhalten unterliegt lauterkeitsrechtlicher (und im Übrigen auch kartellrechtlicher) Verhaltenskontrolle. Nach der grundlegenden Entscheidung des EuGH C-41/90, Höfner, ist das entscheidende Kriterium für die Zuordnung zum Unternehmerbegriff die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit.
Die Tätigkeit der öffentlichen Hand lässt sich demnach in drei Fallgruppen einteilen: Hoheitliches Handeln (das dem Lauterkeits- und Kartellrecht entzogen ist), privatrechtliches Handeln mit unternehmerischem Charakter (bei Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit) und privatrechtliches Handeln ohne unternehmerischem Charakter, das nicht als Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr qualifiziert werden kann.
Keine unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand wird etwa dann vorliegen, wenn sich das in Frage stehende Verhalten an öffentlich-rechtlichen Schutz- und Ordnungsfunktionen orientiert und keine marktbezogene Preisbildung stattfindet, sondern eine über lange Zeiträume unveränderte „Gebühr“ eingehoben wird oder wenn die öffentliche Hand typische ihr zufallende Aufgaben der Daseinsvorsorge oder der Schaffung von Infrastruktur erfüllt.
Quelle: ris.bka.gv.at
Eindringen in fremde IT-Systeme verstößt gegen das UWG
OGH 25.10.2016, 4 Ob 165/16t
Die Klägerin und die Beklagte erzeugen und vertreiben Ticket- und Eintrittssysteme für Skigebiete, Stadien und ähnliche Einrichtungen. Die Klägerin speichert die bei der Nutzung dieser Systeme gewonnenen Daten für ihre Kunden auf eigenen Servern ab; die Kunden können dann über das Internet mit Benutzername und Passwort darauf zugreifen. Ein Mitarbeiter der Beklagten entdeckte eine Sicherheitslücke im System der Klägerin und verschaffte sich Zugang zu den Daten. Er stellte Ausdrucke her und verwendete sie im Gespräch mit potentiellen Kunden als Beleg für Sicherheitsmängel bei der Klägerin.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte eine Einstweilige Verfügung, mit der die Vorinstanzen der Beklagten die Nutzung dieser Daten untersagt hatten. Es handle sich dabei (auch) um Geschäftsgeheimnisse der Klägerin, zu denen sich die Beklagte rechtswidrig Zugang verschafft habe. Die Verwendung der Daten verstoße daher gegen § 11 UWG. Dass eine Sicherheitslücke vorgelegen sei, ändere nichts daran, dass die Daten erkennbar nicht für die Allgemeinheit bestimmt gewesen seien. Da die Einstweilige Verfügung schon aus diesem Grund zu Recht bestand, war nicht mehr zu prüfen, ob die Vorgangsweise der Beklagten auch gegen das Datenschutzgesetz oder andere Bestimmungen des UWG verstoßen hatte.
ogv.gv.at / ris.bka.gv.at
Ein marktbeherrschendes Unternehmen, das bereits mit anderen Nachfragern in Geschäftsbeziehung steht, darf einem Nachfrager die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen verweigern (Gleichbehandlungsgebot)
OGH als Kartellobergericht 11. 10. 2012, 16 Ok 1/12: Die Weigerung der ÖBB, den Zugverkehr eines Mitbewerbers in ihren Fahrplanmedien zu veröffentlichen, diskriminiert ihn gegenüber anderen in diese Medien aufgenommenen Unternehmen und verstößt damit gegen Kartellrecht. Ein marktbeherrschendes Unternehmen, das bereits mit anderen Nachfragern in Geschäftsbeziehung steht, darf einem Nachfrager die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen verweigern (Gleichbehandlungsgebot).
Verwechslungsgefahr bei selbständig kennzeichnender Stellung von Marken- und Unternehmenskennzeichen
OGH 18.09.2012, 4 Ob 138/12s: Bei identischen Waren oder Dienstleistungen kann Verwechslungsgefahr für das Publikum schon dann bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen registrierten Marke gebildet werde und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält.
Ob das verwendete Zeichen der Marke des Konkurrenten in Bild, Klang oder Bedeutung ähnlich ist, richtet sich daher nach dem Gesamteindruck, den Marken und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen. Entscheidend ist die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die Einzelheiten achtet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beiden Zeichen, insbesondere bei Dienstleistungsmarken, regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen werden und dass der Grad der Aufmerksamkeit von der Art der Ware oder Dienstleistung abhängt.
An Kinder gerichtete Werbung – Verstoß gegen § 28 UWG
OGH 18. 09. 2012, 4 Ob 110/12y: Nach Ziffer 28 des Anhangs zum UWG darf eine Werbung keine „direkte Aufforderung an Kinder“ enthalten, ein bestimmtes Produkt zu kaufen oder die Eltern oder andere Erwachsene zum Kauf zu überreden.
Die Werbung – „Die Entdeckungsreise zu den Wüsten und Steppen beginnt! Hol’ dir hier das Buch dazu. Stickersammelbuch zum Sensationspreis € 1,99.“ – habe sich an Minderjährige unter vierzehn Jahren gerichtet, die jedenfalls „Kinder“ im Sinn des gesetzlichen Verbots seien; bei der Verwendung des Imperativs „Hol’ dir hier das Buch dazu“ habe es sich um eine „direkte Aufforderung“ zum Kauf gehandelt.