Grundrechtseingriffe

Verletzung von subjektiven Rechten bei der Hausdurchsuchung

OLG Wien 06.02.2013, 18 Bs 105/11i: § 121 StPO regelt die Art und Weise der Durch­führung einer Hausdurchsuchung: Gemäß § 121 Abs 1 StPO ist vor jeder Durchsuchung der Betroffene unter Angabe der hiefür maßgebenden Gründe aufzufordern, die Durchsu­chung zuzulassen oder das Gesuchte freiwillig herauszugeben. Von dieser Aufforderung darf nur bei Gefahr im Ver­zug sowie im Fall des § 119 Abs 2 Z 1 StPO abgesehen wer­den. Nach Abs 2 leg.cit. hat der Betroffene das Recht, bei einer Durchsuchung nach § 117 Z 2 StPO anwesend zu sein sowie einer solchen eine Person seines Vertrauens zuzuziehen. In den Abs 2 und 3 des § 121 StPO werden die besonderen Anforderun­gen zusammengefasst, die sich aus dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Durchsuchung einer Person oder einer Wohnung ergeben. Hervorzuheben ist das Recht des Betroffenen, der Durchsuchung eine Person sei­nes Vertrauens beizuziehen. Erlaubt die Dringlichkeit der Durchsuchung nicht, bis zum Eintreffen einer Vertrauens­person zuzuwarten, sollen der Durchsuchung einer Woh­nung grundsätzlich von Amts wegen zwei unbeteiligte, vertrauenswürdige Personen beizuziehen sein (vgl EBRV StPRG 167). Damit soll für eine schonende und vor allem trans­parente Durchführung gesorgt werden; der Verdacht, dass eine Sache untergeschoben wurde, lässt sich hiedurch ver­meiden.

Die Nichtbeiziehung zweier unbeteiligter vertrauenswürdiger Personen durch die Kriminalpolizei bei Durchfühung der Hausdurchsuchung verletzt das subjektive Recht des Betroffenen nach § 121 Abs 2 StPO.

Kriminalpolizeiliches Handeln auf Anordnung der Staatsanwaltschaft fällt unter Artikel 90a B-VG

OGH 12.12.2012, 15 Os 152/12k: Bei kriminalpolizeilichen Handeln aufgrund einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung liegt ein Akt der Gerichtsbarkeit gemäß Art 90a B-VG vor, weshalb in diesem Bereich ein Einspruch gemäß § 106 StPO zulässig und dementsprechend von den Strafgerichten meritorisch zu erledigen ist. Lediglich im Fall einer offenkundigen Überschreitung der staatsanwaltschaftlichen Anordnung durch die Polizei im Sinn eines Exzesses läge ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (VfGH 20. 9. 2012, B 1233/11; Hengstschläger/Leeb, AVG § 67a Rz 37 mwN). Die Entscheidung bei Verletzung des § 121 StPO wegen Unterlassung der Beiziehung der in Abs 2 leg cit genannten Personen sowie wegen Erregung unnötigen Aufsehens und vermeidbarer Störungen (Abs 3 leg cit) bei der Durchführung der staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsanordnung durch die Polizei obliegt den Gerichten.

Hausdurchsuchung: Anordnung und Durchführung einer Maßnahme bilden eine verfassungsrechtliche Einheit

Einwendungen von RA David werden von der Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aufgegriffen (OGH 15 Os 152/12k): Die Anordnung und Durchführung einer Maßnahme (vgl § 106 Abs 1 Z 2, Abs 2 StPO) stellen eine verfassungsrechtliche Einheit dar, die dem Staatsanwalt zuzuschreiben ist, sodass er im Einspruchsverfahren auch Fehler, vertreten muss, die der Kriminalpolizei bei der Durchführung seiner Anordnungen  unterlaufen. Dies gilt auch angesichts der Aufhebung der Wortfolge „oder Kriminalpolizei” im ersten Satz des § 106 Abs 1 StPO durch den Verfassungsgerichtshofes am 16. Dezember 2010, G 259/09 ua. Daher kann nach wie vor gegen solche Maßnahmen der Kriminalpolizei Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 Abs 1 StPO erhoben werden, wobei in diesem Fall auch der Kriminalpolizei Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben wäre (vgl § 106 Abs 3 letzter Satz StPO).