Strafrecht
Mitglieder eines Gemeinderats als Beamte
OGH 14. 12. 2015, 17 Os 21/15i: Der Gemeinderat ist zwar allgemeiner Vertretungskörper, ihm kommt jedoch keine Gesetzgebungs-, sondern ausschließlich Vollziehungsfunktion zu. Seine Mitglieder nehmen (als Kollegialorgan) Rechtshandlungen vor und sind daher Beamte im strafrechtlichen Sinn. Die Entscheidung des OGH enthält grundlegende Aussagen zu Missbrauch der Amtsgewalt durch Mitglieder des Gemeinderats. Diese sind Beamte im strafrechtlichen Sinn und nehmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan (eine Verordnung) ein Amtsgeschäft vor. Weiters wird auf mögliche Schutzzwecke raumordnungsrechtlicher Vorschriften als Bezugspunkt des tatbestandlichen Schädigungsvorsatzes hingewiesen.
Missbrauch der Amtsgewalt im Zusammenhang mit der Truppenverpflegung
OGH 14. 12. 2015, 17 Os 27/15x: Die allgemeine Einsatzvorbereitung ist Teil der militärischen Landesverteidigung. Sie soll die personellen und materiellen Voraussetzungen (etwa auch die Truppenverpflegung) für einen Einsatz des Bundesheeres schaffen. Militärische Aktivitäten im Rahmen dieser „Friedensorganisation“ sind daher Hoheitsverwaltung. Dem Angeklagten lag zur Last, als Leiter der Verpflegungsverwaltung einer Kaserne Waren aus dem Bestand der Truppenküche für private Zwecke verwendet oder zum eigenen finanziellen Vorteil verkauft zu haben. Dem Bundesheer kommen besondere hoheitliche Vollziehungsaufgaben zu. Dispositionen über die Truppenverpflegung dienen der unmittelbaren Erfüllung dieser Vollziehungsaufgaben und sind daher Amtsgeschäfte im Sinn des § 302 Abs 1 StGB.
„Schwarzbauten“ – „Untätigkeit“ des Bürgermeisters
OGH 07. 03. 2016, 17 Os 32/15g: Der Bürgermeister ist als Baubehörde erster Instanz verpflichtet, ihm zur Kenntnis gelangte Informationen über die bewilligungslose Errichtung von Gebäuden der Verwaltungsstrafbehörde anzuzeigen. Dem Angeklagten lag zur Last, es als Bürgermeister unterlassen zu haben, die (ihm mitgeteilte) Errichtung von „Schwarzbauten“ der Bezirkshauptmannschaft anzuzeigen und ein Abbruchverfahren einzuleiten. Stattdessen habe er auf eine nachträgliche rechtliche „Sanierung“ durch Änderung des Flächenwidmungsplans hingearbeitet. Die Entscheidung enthält unter anderem Aussagen über die (Dauer der) Anzeigepflicht des Bürgermeisters als Baubehörde und die rechtlichen Konsequenzen unterlassener Anzeigeerstattung.
Bestechlichkeit, Vorteilsannahme sowie der Vorteil als Gegenleistung für Amtsgeschäfte
OGH 26.11.2013, 17 Os 20/13i: Bei der Bestechlichkeit nach § 304 StGB kommt es darauf an, ob der Vorteil als Gegenleistung für ein Amtsgeschäft oder die Amtsgeschäfte, auf die er sich bezieht, bestimmt oder wenigstens bestimmbar sind. Dazu bedarf es eines konkreten Lebensbezugs bereits im Zeitpunkt des Forderns (zB Zusage der Einflussnahme auf das Zustandekommen einer bestimmten Richtlinie). Sonst bezieht sich der Vorteil bloß auf „die Amtstätigkeit“ (vgl §§ 306, 307b StGB idF BGBl I 2012/61) und erfüllt den Tatbestand des § 304 Abs 1 StGB nicht. Das Dr. S vom Schöffengericht angelastete Verhalten erfüllt zwar den Tatbestand des Verbrechens der Vorteilsannahme zur Beeinflussung nach § 306 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (idF BGBl I 2012/61), der jedoch im Tatzeitpunkt noch nicht in Geltung stand und nach §§ 1 Abs 1, 61 StGB außer Betracht zu bleiben hat.
Kein Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB) bei rechtswidriger Abfrage bereits bekannter Daten
OGH 27.05.2013, 17 Os 3/13i: In Fällen (ausschließlich) missbräuchlicher Beschaffung von Daten (ohne deren Weitergabe oder Verwertung) bildet in aller Regel das Recht des Betroffenen auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten gegenüber dem ermittelnden Beamten den Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes. Ein solcher Anspruch auf Geheimhaltung scheidet aus, wenn die ermittelten Daten dem missbräuchlich handelnden Beamten bereits vor der Abfrage bekannt sind und die Abfrage nicht auf Gewinnung weiterer (ihm unbekannter) Daten gerichtet ist.