Strafrecht
Hausdurchsuchung beim Parteienvertreter und das Umgehungsverbot
OGH 18.10.2012, 13Os66/12y (13Os67/12w, 13Os68/12t, 13Os69/12i): Informationen, die einem nicht dringend tatverdächtigen (vgl § 144 Abs 3 StPO) Parteienvertreter iSd § 157 Abs 1 Z 2 StPO in dieser Eigenschaft bekannt geworden sind, dürfen – aufgrund des in §§ 157 Abs 2, 144 Abs 2 StPO normierten Umgehungsverbots – im Weg einer Ermittlungsmaßnahme nach dem 8. Hauptstück der StPO (hier: nach dem gemäß § 195 Abs 1 FinStrG auch im gerichtlichen Finanzstrafverfahren geltenden § 119 Abs 1 StPO) nicht beschafft werden.
Untreue nach § 153 StGB
OGH 25. 9. 2012, 14 Os 53/12v: Der Tatbestand der Untreue ist bereits mit dem Eintritt des vom Vorsatz des Täters umfassten, auch bloß vorübergehenden Vermögensnachteils beim Vertretenen vollendet.
Hausdurchsuchung beim Steuerberater (Berufsgeheimnisträger)
OGH 18. 10. 2012, 13 Os 66/12y, 67/12w, 68/12t, 69/12i: Es besteht kein generelles Durchsuchungsverbot in Bezug auf Räumlichkeiten von Berufsgeheimnisträgern. Vom Berufsgeheimnis nicht umfasstes Beweismaterial kann daher selbst bei einfachem Tatverdacht Gegenstand einer Durchsuchungsanordnung sein.
Auskunftserteilung des Access Provider’s an Privatpersonen über Inhaber von dynamischen IP-Adressen ist nicht möglich
Eine Auskunftserteilung über die Inhaber dynamischer IP-Adressen durch den Access-Provider an Privatpersonen ist nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht möglich (vgl: OGH 22.06.2012, 6Ob119/11k)
Nach § 90 Abs 7 Telekommunikationsgesetz sind „Anbieter von Kommunikationsdiensten auf schriftliches Verlangen der zuständigen Gerichte, Staatsanwaltschaften oder der Kriminalpolizei (§ 76a Abs. 1 StPO) verpflichtet, diesen zur Aufklärung und Verfolgung des konkreten Verdachts einer Straftat Auskunft über Stammdaten (§ 92 Abs. 3 Z 3) von Teilnehmern zu geben. Dies gilt sinngemäß für Verlangen der Sicherheitsbehörden nach Maßgabe des § 53 Abs. 3a Z 1 SPG. In dringenden Fällen können aber solche Ersuchen vorläufig mündlich übermittelt werden.“
§ 99 Abs 1 TKG sieht vor, dass Verkehrsdaten außer in den im TKG geregelten Fällen nicht gespeichert oder übermittelt werden dürfen und vom Anbieter nach Beendigung der Verbindung unverzüglich zu löschen oder zu anonymisieren sind.
§ 99 Abs 5 Z 2 sowie § 99 Abs 5 Z 3 TKG regeln die Datenherausgabe an die Strafverfolgungsbehörden gemäß § 76a StPO sowie an die Sicherheitsbehörden gemäß § 53 Abs 3a, 3b SPG. Die Gesetzesmaterialien (EBzRV 1074 BlgNR 24. GP 19) führen dazu – unter Verweis auf 4 Ob 41/09x – aus, dass dadurch eine gesetzliche Grundlage im Telekommunikationsdatenschutzrecht für die Verarbeitung von Verkehrsdaten geschaffen werden solle. Gleichzeitig werde durch die Formulierung „in diesem Gesetz geregelten Fällen“ klargestellt, dass sonstige Verwendungsrechte oder Verwendungspflichten nicht implizit aus sonstigen gesetzlichen Regelungen abgeleitet werden dürften. Vielmehr sei eine explizite Erlaubnis durch das Telekommunikationsgesetz erforderlich.
Eine Auskunftserteilung über die Inhaber dynamischer IP-Adressen durch den Access-Provider an Privatpersonen ist nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht möglich (vgl auch Telekommunikationsgesetz, Sicherheitspolizeigesetz und der Strafprozessordnung).
Anmerkung: EuGH erachtet die Verwendung und Speicherung von Verkehrsdaten gemäß Art 15 RL 2002/58/EG auch zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen iSd Art 13 RL 95/46/EG für zulässig. Es bleibe jedoch den Mitgliedstaaten vorbehalten, solche Regelungen einzuführen oder auch nicht (EuGH 29. 1. 2008, C-275/06, Productores de Música de España (Promusicae)/Telefónica de España, Slg 2008, I-271, Nr 55).
Befristung von Durchsuchungsbefehlen / Erstellung von Sicherungskopien ist zu dulden
OGH als KOG 20. 12. 2011, 16 Ok 7/11, 16 Ok 8/11, 16 Ok 9/11, 16 Ok 10/11, 16 Ok 11/11, 16 Ok 12/11, 16 Ok 13/11: Nach § 105 StPO hat das Gericht bei der Bewilligung von Zwangsmitteln eine Frist zu setzen. Der Zweck der Befristung einer gerichtlichen Bewilligung liegt in der Verpflichtung zur periodischen Prüfung, ob die Voraussetzungen ihrer Erteilung noch unverändert vorliegen (113 BlgNR 24. GP 44).Der Zweck der Fristsetzung liegt darin, die Durchsetzung von Zwangsmitteln zu verhindern, wenn in der Zwischenzeit deren Voraussetzungen weggefallen sind.
Das Kopieren von Datenträgern ist keine Beschlagnahme im Sinne des §§ 109, 115 StPO. Nach § 111 Abs 2 StPO hat jedermann, wenn auf Datenträgern gespeicherte Informationen sichergestellt werden sollen, Zugang zu diesen Informationen zu gewähren und auf Verlangen einen elektronischen Datenträger in einem allgemeingebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder herstellen zu lassen. Die Herstellung einer Sicherungskopie der auf den Datenträgern gespeicherten Informationen ist zu dulden.