Zivil- und Zivilprozessrecht
Eine per Fax übermittelte Bürgschaftserklärung ist formwirksam
OGH 24.07.2013, 9 Ob 41/12p: Der Oberste Gerichtshof führte in der gegenständlichen Entscheidung ua zur Bedeutung des Begriffes Schriftlichkeit aus, dass das Gesetz für die Wirksamkeit einer Bürgschaft Schriftform vorsieht, wofür es der Unterschrift des Bürgen bedarf und legte dar, dass hierbei auch auf den Zweck einer gesetzlichen Formvorschrift Bedacht zu nehmen ist. Bei der Bürgschaft solle die Schriftform übereilte mündliche Zusagen eines Bürgen verhindern. Entgegen einer früheren Entscheidung wird dieser Zweck aber auch erreicht, wenn der Bürge seine Haftungserklärung eigenhändig unterschreibt, in der Folge aber nicht die Originalurkunde versendet, sondern seine Erklärung dem Gläubiger faxt. Eine per Fax übermittelte Bürgschaftserklärung ist demnach formwirksam.
Haftungsbeschränkung zwischen Werkbesteller und Generalunternehmer erstreckt sich nicht automatisch auf die Haftung des Subunternehmers
OGH 25.06.2013, 9 Ob 41/13i: Eine zwischen dem Werkbesteller und dem Generalunternehmer vereinbarte Haftungsbeschränkung bezieht sich nicht automatisch auf die Haftung des Subunternehmers.
Die Betreiberin einer Biogasanlage beauftragte eine GmbH als Generalunternehmerin und Projektleiterin mit der Durchführung der Heizungs-, Gas-, Gülle-, Elektro- und Drucklufttechnik sowie der Entschwefelung der Biogasanlage. Die Generalunternehmerin nahm den Auftrag mit der Klausel an, dass die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen sei. Ein Teil der Arbeiten wurde von einem Subunternehmer ausgeführt. Während seiner Bohrarbeiten entzündete sich aufgrund unzureichender Gasmessungen das in einem Verbindungsrohr vorhandene brennbare Gas-Luft-Gemisch und verursachte einen größeren Schaden an der Biogasanlage.
Die Versicherung der Biogasanlagenbetreiberin ersetzte diesen und versuchte zunächst in einem Vorprozess, bei der Generalunternehmerin als der Vertragspartnerin ihrer Versicherungsnehmerin Regress zu nehmen. Die Klage wurde aufgrund des vereinbarten Haftungsausschlusses abgewiesen.
Nun klagt sie den Subunternehmer als den eigentlichen Schädiger auf Schadenersatz. Dieser beruft sich ebenfalls auf den Haftungsausschluss, obwohl er mit der Biogasanlagenbetreiberin in keinem Vertragsverhältnis steht.
Anders als das Erstgericht meinte das Berufungsgericht, dass hier noch leichte Fahrlässigkeit vorliege. Der Subunternehmer habe für sein deliktisches Verhalten aber einzustehen.
Der Oberste Gerichtshof konnte die Ansicht des Subunternehmers, dass sich die Haftungsbeschränkung der Generalunternehmerin auch auf ihn als selbstständigen Erfüllungsgehilfen beziehe, weder aus dem Wortlaut der Klausel noch aus der Absicht der Vertragsparteien, dh Biogasanlagenbetreiberin und Generalunternehmerin, ableiten. Zwar wird sich eine Haftungsbeschränkung in der Regel auch auf unselbstständige Erfüllungsgehilfen (Dienstnehmer) eines Geschäftsherrn beziehen, weil der Geschäftsherr sonst Gefahr läuft, bei Inanspruchnahme des Dienstnehmers durch den Geschädigten im Wege des Dienstnehmerregresses in Anspruch genommen zu werden. Eine Haftungsfreizeichnung wäre insofern sinnlos.
Das trifft aber bei einem selbstständigen Subunternehmer nicht zu. Das Interesse eines Generalunternehmers kann ebenso darin liegen, dass dem Werkbesteller gerade derjenige Subunternehmer als Haftender zur Verfügung steht, der den Schaden tatsächlich verursacht hat, zumal eine weit verstandene Haftungsbeschränkung von einem Werkbesteller auch als Zeichen einer sorglosen Auswahl oder einer geringeren Qualifikation des beauftragten Subunternehmers verstanden werden könnte. Umso mehr bedürfte es einer Begründung, warum sich eine Haftungsbeschränkung auch auf den Subunternehmer beziehen sollte. Da dieser im konkreten Fall keine hinreichenden Gründe dafür aufzeigen konnte, wurde seine Haftung dem Grunde nach bejaht.
Das Recht am eigenen Bild als besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
OGH 27.02.2013, 6 Ob 256/12h: Das Recht am eigenen Bild stellt eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Daher kann bereits die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. Dabei bedarf es allerdings ‑ wie stets bei der Ermittlung von Umfang und Grenzen von Persönlichkeitsrechten ‑ einer umfassenden Güter‑ und Interessenabwägung im Einzelfall.
Vertrauensschutz: Die Unterfertigung eines Vertrags durch den Vizebürgermeister rechtfertigt das Vertrauen des Vertragspartners in dessen Vertretungsbefugnis, wenn das Verhalten des Bürgermeisters Anlass zur Annahme eines Verhinderungsfalls gab
OGH 29. 5. 2013, 2 Ob 173/12y: Im Jahr 2008 verpflichtete sich die Gemeinde vertraglich, die Kreuzungsstelle einer Zufahrtsstraße mit einer Schipiste in bestimmter Weise zu präparieren. Der Gemeindevorstand sprach sich mehrheitlich für die Vereinbarung aus. Die Vertragsurkunde wurde von einem Vorstandsmitglied und dem Vizebürgermeister, nicht aber vom Bürgermeister unterzeichnet. Eine derartige Vereinbarung ist deswegen gültig, weil man sich auch einer Gemeinde gegenüber auf das Prinzip des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand berufen kann (Anmerkung: im gegenständlichen Fall war der Bürgermeister bei der Vertragsunterzeichnung anwesend und ließ den Vizebürgermeister ohne Einwand die Vereinbarung unterschreiben. Unter diesen Umständen darf aufgrund des vom Bürgermeister begründeten Anscheins seiner Verhinderung (zB wegen Befangenheit) redlicherweise auf die Vertretungsbefugnis des Vizebürgermeisters vertraut werden. Die Vereinbarung ist daher gültig.
Bürgschaftserklärungen sind restriktiv auszulegen; hat sich der Bürge nicht damit einverstanden erklärt, dass von Gläubiger und Hauptschuldner vorgenommene Änderungen der gesicherten Schuld auch ihm gegenüber wirksam werden, so kann Derartiges nicht unterstellt werden
OGH 01.10.2008, 6 Ob 131/08w: Nach Lehre und Rechtsprechung kommt eine Verpflichtung des Bürgen nur im Rahmen seiner Verpflichtungserklärung in Betracht. Nach § 1353 ABGB darf seine Haftung nicht weiter ausgedehnt werden, als er sich “ausdrücklich” – gemeint hinreichend deutlich erkennbar – erklärt hat.
Die Erklärung des Bürgen ist daher streng auszulegen und im Zweifel anzunehmen, dass er sich eher eine geringere als die schwerere Last auferlegen wollte. Entscheidend ist das Verständnis, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der Verpflichtungserklärung gewinnen durfte.
Dem Grundsatz der Akzessiorietät der Bürgschaft folgend können Änderungen der Hauptschuld aufgrund von Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Hauptschuldner die Haftung des Bürgen wohl mindern oder erleichtern, nach § 1353 ABGB aber nicht erschweren oder erweitern.
Bei Beschränkungen der Haftung des Bürgen auf einen Teil der Hauptschuld (Teilbürgschaft) haftet der Bürge im Zweifel für die ganze Schuld bis zur Grenze des verbürgten Betrags einschließlich der Nebengebühren. Der Gläubiger kann Teilzahlungen des Hauptschuldners -mangels anderslautender Vereinbarung – zuerst auf den unbesicherten Teil der Hauptschuld anrechnen. Eine als Höchstbetragsbürgschaft vereinbarte Teilbürgschaft bleibt daher – mangels anderslautender Vereinbarung – bis zur gänzlichen Abstattung der Hauptschuld aufrecht