Zivil- und Zivilprozessrecht
Ein marktbeherrschendes Unternehmen, das bereits mit anderen Nachfragern in Geschäftsbeziehung steht, darf einem Nachfrager die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen verweigern (Gleichbehandlungsgebot)
OGH als Kartellobergericht 11. 10. 2012, 16 Ok 1/12: Die Weigerung der ÖBB, den Zugverkehr eines Mitbewerbers in ihren Fahrplanmedien zu veröffentlichen, diskriminiert ihn gegenüber anderen in diese Medien aufgenommenen Unternehmen und verstößt damit gegen Kartellrecht. Ein marktbeherrschendes Unternehmen, das bereits mit anderen Nachfragern in Geschäftsbeziehung steht, darf einem Nachfrager die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen verweigern (Gleichbehandlungsgebot).
Haftung eines organschaftlichen Vertreters einer juristischen Person wegen Konkursverschleppung
OGH 11. 10. 2012, 2 Ob 117/12p: Der organschaftliche Vertreter (im Anlassfall das Vorstandsmitglied eines Vereins) haftet dem Neugläubiger für den Vertrauensschaden, den dieser durch die Begründung einer Verbindlichkeit im Stadium der Zahlungsunfähigkeit des Vereins erlitt. Dies entspricht der herrschenden Rechtsprechung, wonach sog Neugläubiger schadenersatzrechtlich so zu stellen sind, als hätten sie mit dem späteren Gemeinschuldner nicht mehr kontrahiert.
Abtretung des Mietrechts nach § 12 MRG auf vor dem 01.01.2001 geschlossene Verträge
OGH 05.06.2012, 10 Ob 62/11g: Gemäß § 1 Abs 4 Z 2 MRG in der für alle vor dem 1. 1. 2001 geschlossenen Verträge unverändert weiter geltenden Fassung vor der Mietrechtsnovelle 2001 gelten die §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49 MRG, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des I. und II. Hauptstücks des Mietrechtsgesetzes für Wohnungen in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen, wobei Wohnräume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zählen (Ein- oder Zweifamilienhäuser). Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist § 12 MRG auf Mietverträge über Ein- oder Zweifamilienhäuser nicht anzuwenden. Dasselbe hat bei analoger Anwendung des § 1 Abs 4 Z 2 MRG auf Superädifikate, die Ein- oder Zweifamilienhäuser sind und auf einer gemieteten Grundstücksfläche errichtet wurden, zu gelten.
Voraussetzungen der Feststellungsklage
OGH 05.06.2012, 10 Ob 62/11g: Die Feststellungsklage bedarf eines konkreten, aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (RIS-Justiz RS0039215 ua). Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung kann somit regelmäßig nur dann bejaht werden, wenn eine Verschlechterung der rechtlichen Position des Klägers bei einer Verweisung auf ein erst später mögliches gerichtliches Vorgehen zu befürchten wäre (7 Ob 193/09x). Hat sich ein Sachverhalt noch nicht verwirklicht, so ist eine Feststellungsklage nicht zulässig, weil es nicht Aufgabe der Gerichte ist, Entscheidungen rein theoretischen Charakters zu fällen und ausschließlich eine rechtsberatende Funktion auszuüben.
Vereinsausschluss wegen vereinsschädigenden Verhaltens – rechtliches Gehör des Vereinsmitglieds
OGH 02.08.2012, 4 Ob 71/12p: Ist in den Vereinsstatuten der Ausschluss eines Mitgliedes zwar vorgesehen, sind aber die Ausschließungsgründe nicht angeführt, steht der Ausschluss nicht etwa im Belieben von Vereinsorganen, sondern ist nach § 1210 ABGB zu beurteilen. – Dies gilt auch, wenn der Ausschluss als “Kündigung” bezeichnet ist und für diesen Fall Kündigungsfristen und die Rückzahlung der Eintrittsgebühr und der aliquoten Jahresgebühr in den Statuten vorgesehen sind. – Ist jemand Mitglied eines Vereines geworden, so soll er nur aus ihn belastende wichtigen Gründen gegen seinen Willen diese Mitgliedschaft verlieren.
Auch dann, wenn die Satzungen keine vorherige Anhörung des auszuschließenden Mitgliedes vorsehen, muss diesem Gelegenheit gegeben werden, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (unter Hinweis auf SZ 69/289)